Anfang 2018 flog ich gemeinsam mit einer kleinen Gruppe deutscher und schweizer Polizisten und Krav Maga Ausbildern zum Training mit der französischen Fremdenlegion in den südamerikanischen Regenwald. Genauer nach französisch Guyana zum 3. REI – Régiment Etranger d’Infanterie – in das Quartier Forget. Im Übersee Departments Frankreichs haben die Legionäre unter anderem die Aufgabe den Weltraumbahnhof der europäischen Weltraumorganisation ESA in Kourou zu sichern. Gleichzeitig befindet sich in Guyana aber auch mit dem C.E.F.E. (centre d’entraînement à la forêt équatoriale) die Dschungelkampfschule der Fremdenlegion. Hier werden jedes Jahr, neben den Legionären selbst, über 2000 Soldaten aus aller Welt ausgebildet. Für diese stehen im Regimentsquartier diverse Räumlichkeiten zur Verfügung, welche uns ebenfalls für die nächsten 10 Tage als Herberge dienten. Innerhalb der Legion übernimmt die Militärpolizei wie bei allen militärischen Verbänden, die polizeilichen Aufgaben innerhalb der Militärorganisation. Mit dem Adjudant Chef der Militärpolizei und zehn Legionären führten wir hier gemeinsam den Lehrgang zum Krav Maga S.W.A.T. Instructor durch. Dieser Ausbilder Lehrgang ist geeignet für Einsatztrainer polizeilicher und militärischer Einheiten.

Die meisten Einsätze dieser Personengruppen sind zwar planbar, letztendlich in der Realität aber häufig unvorhersehbar und in ihrer Gefährlichkeit bzw. Aggressivität der Kontrahenten teils lebensgefährlich. Der Einsatz der Schusswaffe ist oftmals nicht möglich oder rechtlich nicht zulässig. Schwerpunkt unseres Lehrgangs waren somit hauptsächlich die Vermittlung von Krav Maga Selbstverteidigungs-Techniken und Taktiken, in Verbindung mit Festlege-, Festnahme-, sowie Transporttechniken gegen einen oder mehrere, bewaffnete oder unbewaffnete Angreifer, alleine oder im Team.

Der Schwerpunkt lag nicht nur auf der Übermittlung der theoretischen Inhalte zur späteren didaktischen Weitergabe des Gelernten als Ausbilder und Multiplikator innerhalb der eigenen Einheiten, sondern sehr wohl auch auf der praktischen Anwendung. Die Ausbildung zielte insbesondere auf die Bewaffnung und Ausstattung innerhalb der eigenen Einheit ab. Die Krav Maga Techniken und Taktiken müssen unter Stress und mit der eigenen Ausrüstung funktionieren. Jeden Morgen starteten wir pünktlich um 07:00 Uhr Ortszeit mit dem Training. Die Legionäre hatten zu diesem Zeitpunkt bereits zwei Stunden Sport hinter sich. Frühsport egal welcher Art ist in der Legion obligatorisch, auch vor dem eigentlichen Trainingstag. Auf dem Trainingsplan standen Weapon Retention – also die Sicherung der Waffe vor Fremdzugriff und die Nutzung der eigenen Kurz- oder Lang-Waffe als sogenannte „cold weapon“.

Die Handhabung der eigenen Waffe im Stress und die Nutzung zur Abwehr an sich, aber auch als Schlaginstrument hatten während des gesamten Lehrgangs höchste Priorität. Im Vordergrund standen in den ersten Tagen die Abwehr von mehreren Angreifern, sowie von Stock und Messerangriffen.


Um den praktischen Bezug noch besser herzustellen wurde der Lehrgang durch einen Besuch der Shooting Range komplettiert. Das spezielle der dort verwendeten Waffen, wie zum Beispiel der halbautomatischen Pistole Beretta 92G im Kaliber 9x19mm welche in der Legion als Pamas G1 bezeichnet wird und das Sturmgewehr Famas im Kaliber 5,56 x 45mm NATO – war sicherlich auch, dass diese bereits etwas in die Jahre gekommen waren. Aber um das Schießen ging es in diesem Lehrgang ja auch weniger. Es ging um die taktischen Vorgehensweisen im Team, unter möglichst realistischen Bedingungen, somit auch mit scharfer Munition. Der ständige Wechsel von Primär- auf Sekundär-Waffe wurde genauso gedrillt, wie die Bekämpfung mehrerer Ziele auf unterschiedliche Distanzen.

Permanent bei deutlich über 90% und das bei einer Außentemperatur von über 30°C. Wenn es nicht gerade regnete dann waren wir innerhalb von Sekunden nach dem Abtrocknen ohnehin wieder nass. Am nächsten Morgen wurde das Fixieren mit dem Anlegen von Handfesseln trainiert, insbesondere dann, wenn der Delinquent sich mit massiver Gewalt dagegen wehrt. Hier sind die Legionäre und speziell die MP der Fremdenlegion – unter Berücksichtigung der Verhältnismäßigkeit – wenig zimperlich. Entsprechend auch hier die Ausbildung, schnell, hart und äußerst effizient.

Die Ausbildung erfolgte aus verschiedenen Szenarien heraus, zum Beispiel bei der Überprüfung von Fahrzeugen und der Festnahme des Fahrzeugführers. Alleine oder im Team wurden diese aus den Fahrzeugen befördert und danach festgesetzt.In Kombination mit Krav Maga Techniken und Taktiken stand zudem das taktische Vorgehen in Räumen, alleine oder im Team in den nächsten Tagen auf dem Lehrplan. Hierbei wurden die Teams immer wieder mit Stöcken oder Messern angegriffen um die Krav Maga Techniken weiter zu verinnerlichen.

Zwischendurch wurden immer wieder theoretische Einheiten in den Lehrplan integriert. Nicht nur für die Teilnehmer, sondern für die Legionäre des Standorts selbst zum Thema „Terror in Europa“. Hier wurde unter anderem das Terrorszenario, welches sich 2015 in der Konzerthalle „Bataclan“ in Paris ereignet hatte abgebildet und hierbei besonders auf die Vorgehensweisen der polizeilichen Ersthelfer „first responder“ eingegangen. Es wurden zudem Sprengwesten und deren ballistischen Wirkungsweisen erläutert. Im anschließenden Training wurde dies dann wieder aufgegriffen: „Wie nimmt man jemanden Fest, von dem man vermutet er könne eine Sprengweste tragen…“. Ebenfalls wurde das Anlegen eines Tourniquets (Aderpresse) erläutert, um im Bedarfsfall Erste-Hilfe leisten zu können. Zwischendurch wurde das eigentliche Training immer wieder mit den Legionären und deren Krav Maga Nahkampfausbildern im Gym der Legionäre ergänzt.

Der Sergeant, welcher ehemals in der US Navy seinen Dienst geleistet hatte und jetzt im 3.REI für die Krav Maga Nahkampfausbildung zuständig ist ging mit uns dann auch auf die Hindernisbahn. Da zeigten uns die Legionäre, welche körperliche und mentale Leistungsfähigkeit sie besitzen. Wir schlugen uns tapfer aber mussten doch eingestehen, dass wir weit von der Ideallinie und dem Tempo entfernt waren, mit welcher die Legionäre diesen „obstacle course“ überquerten.

Am letzten Tag wurde das Gelernte im Drill erneut verinnerlicht und überprüft. Schließlich sollen die Teilnehmer die Techniken und Taktiken ja nicht nur anwenden können, sondern insbesondere in Ihren Einheiten weiter ausbilden. Hier ging es ja schließlich um einen Ausbilder Lehrgang. Erschöpft aber Glücklich bestanden alle Teilnehmer diesen herausragenden Lehrgang zum SWAT Instructor. Neben einem Referenzschreiben, einer Urkunde und einem T-Shirt bekamen alle Absolventen das extra für den Kurs entwickelte fluoreszierende S.W.A.T.-Patch.

Guiana war ein Abenteuer und neben unzähligen Moskitostichen nahm ich viele sehr gute Erinnerungen mit zurück. Wir sind vom 18.-28.05. wieder beim 3. REI in französisch Guyana zum „close protection“ Kurs für polizeiliche und militärische Personenschützer und vom 28.10-04.11. zum „military instructor“-Kurs für militärisches Krav Maga beim 4. REI im Ausbildungsregiment der Fremdenlegion in Castelnaudary. Speziell für die Leser dieser Ausgabe haben wir wenige Plätze reserviert.

Mehr Informationen und Filme des oben beschriebenen Lehrgangs auf: www.ausbildung-kravmaga.de Interesse und natürlich bei beruflichem Bezug freuen wir uns über eine E-Mail an: ausbildung@kravolution.com

Autor des Artikels: Carsten Draheim